samedi 9 mars 2013





Die Vision des Menschensohns (Dan 7)
Eine der eindrücklichsten Visionen, die uns das Buch Daniel schildert, ist die des Menschensohns. Das Volk der Juden befand sich in einer sehr schlimmen Lage – es war die Zeit der Verfolgung durch Alexander IV. Epiphanes (175-164 v. Chr.). Die Geschichte Gottes mit seinem Volk schien zu Ende zu gehen. Und doch gab der Seher Daniel seine Hoffnung nicht auf. Was seine Glaubensbrüder und –schwestern bereits alles erlebt hatten, erschien ihm in Gestalt von vier schrecklichen Tieren, die eines nach dem anderen aus dem Meer, dem Ort des Unheils gekommen waren. Die vier Tiere waren Sinnbilder der menschenverachtenden Regime, unter denen die Frommen zu leiden hatten: das babylonische, das medische, das persische Reich und das des Alexanders des Grossen. Im weiteren Verlauf der Vision hält Gott über diese Reiche Gericht. Denn wenn Gott zu seinem Wort steht – und darüber durfte es keinen Zweifel geben – dann wird er diese Reiche in die Ecke stellen und so sein Volk erretten.
Im nächsten Akt sah Daniel in seiner Vision eine lichte Gestalt vom Himmel her kommen wie ein Menschensohn. Ihm wurden Herrschaft, Würde und Königtum gegeben; alle Völker, Nationen und Sprachen sollten ihm dienen… (vgl. Dan 7,13-14)
So viel dürfte klar sein: So wie die vier Tiere aus dem Meer vier Reiche versinnbildlichten, so geht es auch bei ihrem Gegenüber, dem Menschensohn, zuerst einmal um ein Reich. Im Unterschied zu den grossen Tieren aus dem dunklen Meer handelt es sich jetzt um eine lichte, menschliche Gestalt, als Zeichen eines lichten, menschlichen Umgangs der Menschen miteinander. Der Menschensohn also als Zeichen für die Treue und Menschenfreundlichkeit Gottes, der das Dunkle und Menschenverachtende überwinden und dem Hellen, der Menschenwürde zum Sieg verhelfen wird.
Als fast 200 Jahre später Jesus in Galiläa auftrat, erinnerten sich seine Jüngerinnen und Jünger an Daniels Vision. Sie sahen in Jesus jenen Menschensohn, der inmitten einer Welt von Gewalt und Hass ein ganz anderes „Regime“, nämlich das Reich Gottes ankündigte und praktizierte.
Hermann-Josef Venetz

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