samedi 18 mai 2013

Fragen zum nachdenken

 

Zwei fast vorwurfsvolle Fragen begleiten den Übergang von der Zeit Jesu in die nachösterliche Zeit. Es sind die Boten Gottes, Engel, die diese Fragen stellen. Sie wollen von gewissen Erwartungen ablenken und auf das Wesentliche aufmerksam zu machen.
Die erste Frage richten die Boten an die Frauen, die am Ostermorgen zum Grabe Jesu kommen: Was sucht ihr den Lebenden unter den Toten? (Lukas 24,5)

Die zweite Frage richten sie an Jesu Jüngerinnen und Jünger am so genannten Himmelfahrtstag: Ihr Leute von Galiläa, was steht ihr da und starrt zum Himmel hinauf? (Apostelgeschichte 1,11)

Ob diese Fragen nicht auch an uns gerichtet sind? Suchen wir Jesus vielleicht am falschen Ort? Unter den längst Verstorbenen? Gewiss ein bedeutender Mann, aber doch einer, der vor 2000 Jahren gestorben ist und uns in dieser sich so rasch verändernden Welt kaum noch etwas zu sagen hat?
 
Oder suchen wir Jesus im Himmel? Was soll er denn da oben? Schaut er interesselos zu, wie die Menschen da unten sich abstrampeln?
Die Frage »Wo ist denn Gott und sein Messias?« treibt auch gläubige Menschen um, und zwar immer wieder.

Vor vielen Jahren sass ich  als Aushilfspriester im Beichtstuhl einer Pfarrkirche. Ein  Junge klagte sich an: »Ich habe beim Beten nicht immer an Gott gedacht.« Da ich wusste, dass die entsprechende Frage im Beichtspiegel zu lesen war, wollte ich wissen, wie der Junge die Frage verstand und wollte so mit ihm ins Gespräch zu kommen. Ich fragte ihn: »Wo meinst du denn, wo dieser Gott ist, an den du beim Beten denken solltest?« Durch das Gitter des Beichtstuhls sah ich, wie er mit dem Finger nach oben zeigte und dabei sagte: »Da obena« (da oben). Aber sogleich unterbrach er sich selbst, so als ob er merkte, dass die Antwort nicht besonders gut war: »Nei, wartet emal.« (Nein, warten Sie mal) Dann sagte er mit überzeugend fester Stimme: »In minem Härz.« (in meinem Herzen)
Die Frage nach dem Wann und Wo muss auch zur Zeit Jesu in der Luft gewesen sein. Jesus antwortet: Das Reich Gottes kommt nicht so, dass man es berechnen kann. Man kann auch nicht sagen: Schau hier ist es oder dort. Merkt euch: Das Reich Gottes ist mitten unter euch. (Lukas  17,20-21)

Die Antwort Jesu und die des Jungen sind voneinander gar nicht so weit entfernt. Vielleicht sollten wir Erwachsenen und Gescheiten – gerade jetzt an Pfingsten – mehr auf die Jungen hören...
Hermann-Josef Venetz