samedi 28 janvier 2012

Worte zum Leben

Worte zum Leben

Gesetze, Vorschriften, Reglementierungen gehen uns auf die Nerven. Zu Recht. Oft auch zu Unrecht. Hier und da empfinden wir Hinweise, Ratschläge, Bitten, Angebote als Stolpersteine und Schikanen. Es ist unsere Tragik, dass wir die Weisungen, die der Ewige seinem Volk am Sinai mit auf den Weg gab, als Gesetze interpretieren, die unter Strafandrohung zu halten sind und uns die Freude am Leben nehmen.

Die »Zehn Worte«, wie die Bibel die Weisungen auch nennt, hatten und haben ein völlig anderes Ziel. Sie werden eingeleitet mit den Worten: Ich bin Gott, dein treuer Begleiter, der dich aus Ägypten, dem Sklavenhaus, in die Freiheit geführt hat. Die Weisungen, die sich anschliessen, haben dementsprechend nur diese eine Absicht: dass Israel seine Freiheit bewahren kann. Es sind wie Spielregeln, die es zu beachten gilt, damit Leben gelingen kann. Leben in Fülle.

Man braucht nur das eine oder andere dieser Zehn Worte behutsam durchzugehen, und schon stellen wir fest, dass uns ein guter, freiheitlicher Wind entgegenweht.

Wenn du wirklich frei sein willst, dann lass dich nicht wieder vom Mammon oder von anderen Göttern versklaven.

Wenn du nicht im Stress versinken willst, dann sei dir der siebte Tag heilig. Die Ruhe wird dich und deine Umwelt mit Atem und Leben erfüllen.

Wenn du dich deines Lebens freuen willst, trage Sorge zu deinen Eltern und zu allen Menschen, die durch Alter und Krankheit und Sorgen gebeugt sind.

In dem Masse, als du für die Würde deiner Mitmenschen eintrittst, kannst du voll Hoffnung dem morgigen Tag entgegensehen…

Für den Psalmisten sind die Zehn Worte an erster Stelle Verheissungen, und es ist, wie wenn er sie auf seiner Zunge zergehen liesse: Sie sind für meinen Gaumen köstlicher als Honig. (Ps 119,103)

Gewiss, wir brauchen das alles nicht ernst zu nehmen. Nur sollen wir wissen – und wir erfahren es in diesen Tagen aufs Neue: Die Alternative zu den Worten des Lebens ist Schrecken, Hunger und Tod.

Hermann-Josef Venetz

samedi 21 janvier 2012


Gott ist grösser

Es besteht kein Zweifel: Dogmen sind von unschätzbarem Wert; zu bestimmten Zeiten waren sie für den Fortbestand der Kirche geradezu notwendig. Sie geben uns heute noch Einblick in das Ringen unserer Glaubensväter und Glaubensmütter um die richtige sprachliche und auch symbolische Ausgestaltung dessen, was ihnen und uns das Kostbarste war und ist: der Glaube.

Indessen müssen wir uns vor Missverständnissen hüten.

1. Auch noch so schön und richtig formulierte Dogmen werden das, was Gott den Menschen sein und sagen möchte, nie in der ganzen Fülle zum Ausdruck bringen können. Menschliche Sprache und menschliche Symbole werden hinter dem, was eigentlich gemeint ist, immer zurückbleiben.

2. Die Dogmen, d.h. die sprachliche Ausgestaltung unseres Glaubens, sollten nicht mit dem Glauben selbst verwechselt werden. Glaube hat etwas mit persönlicher Beziehung zu tun, mit festem Vertrauen und liebender Hingabe. Dogmen wollen uns helfen, diese Beziehung besser zu verstehen, das Vertrauen zu festigen und die Hingabe intensiver zu leben. Die Dogmen selber und das »Haben« dieser Dogmen ersetzen weder den Glauben noch das Vertrauen noch die Liebe.

3. So können die Dogmen auch Gott nicht ersetzen. Genau genommen glauben Christinnen und Christen nicht an Dogmen; sie glauben an den Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs…, an den Messias Jesus, an den Heiligen Geist… Gott wird – so hoffen wir – immer grösser sein als unsere Dogmen, auch immer grösser als unser Verstehen und grösser als unser Herz. Wer Gott in Dogmen zwängen will, stellt die Dinge auf den Kopf: statt dass er sich vertrauensvoll Gott anheim gibt, versucht er, Gott unter Kontrolle zu bringen und über ihn zu verfügen.

4. Und ein Letztes. Wer um das Geschenk des Glaubens weiss, wird sich hüten, über den Glauben anderer zu urteilen. Prüfstein des Glaubens sind nicht die Dogmen, so wichtig sie auch sind; Prüfstein des Glaubens wird immer die Liebe sein, die Treue, die Nachsicht, die Verantwortung.

Hermann-Josef Venetz


samedi 7 janvier 2012

Die Chance


Und das soll euch als Zeichen dienen: Ihr werdet ein Kind finden, das, in Windeln gewickelt, in einer Krippe liegt“. (Lukas 2,12)

Die Chance

Die Ankündigung der Geburt des Retters und Messias traf die Hirten auf freiem Felde. Das Zeichen, woran sie ihn erkennen können, bestand in etwas sehr Einfachem. Das Licht, das sie eben umstrahlte, die himmlische Liturgie, in die die Scharen der Engel sie hineinnahmen, werden sie verlassen müssen, um das zu entdecken, worum es geht. Sie werden ein Kind finden, das in Windeln gewickelt, in einem Futtertrog liegt, weil in der Herberge kein Platz war. Ein obdachloses Kind also. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Dieses Kind steht für alle Menschen, mit denen sich Jesus später solidarisieren wird: für die Armen, für den Mann mit der gelähmten Hand, für die gekrümmte Frau, für den blinden Bartimäus, für die Ehebrecherin, die nicht gesteinigt werden darf...

Das Licht von Weihnachten, die Botschaft der Engel, die Liturgie, wie wir sie feiern: all das brauchen wir um zu lernen, auf die Zeichen zu achten, auf die es ankommt. Es sind die Zeichen, die uns jeden Tag begegnen, wenn wir sie nur sehen wollen: obdachlose Familien, Asylanten, all die Menschen, die in der Gesellschaft nicht mehr zählen.

Die Geburt des Retters als Chance des Neuanfangs: damit Frieden und Gerechtigkeit für alle endlich wahr werden.

Hermann-Josef Venetz


(Bild oben: Bistum Würzburg)

http://www.kirchenserver.net/bwo/dcms/sites/bistum/verbaende/erwachsenen_verbaende/fdk_familienbund/z-nachrichten/index.html?f_action=show&f_newsitem_id=54389