samedi 29 mars 2014

Das Problem mit der Gegenseitigkeit






Das Problem mit der Gegenseitigkeit

Unser Zusammenleben, sei es privat, sei es gesellschaftlich, ist auf Gegenseitigkeit begründet, auf Bedingungen, die erfüllt werden müssen.
- Wenn du die Prüfung bestehst, bekommst du das Zeugnis.
- Ich habe die Arbeit nach Vorschrift erledigt, also habe ich Anrecht auf den entsprechenden Lohn.
Jeder Anstellungsvertrag, jeder Kaufvertrag, jeder Ehevertrag enthält ausdrücklich oder auch unausgesprochen solche Bedingungen, die erfüllt oder eben auch nicht erfüllt werden.
So geht es auch in unserem ganz privaten Leben zu und her.
- Ich bin bereit für uns jeden Tag zu kochen, sagt die Frau ihrem Mann, wenn du dein Büro in Ordnung hältst.
- Ich wasche ab, sagt der Mann seiner Frau, wenn du mir das Hemd bügelst.
- Wenn du mir den Wagen ausleihst, gehe ich auf dem Weg zur Vorstandsitzung deine Mutter besuchen.
Unsere Beziehungen beruhen auf Gegenseitigkeit. Es geht um den guten Ausgleich. Wir wollen niemandem etwas schulden. Wir wollen miteinander quitt sein. Wie du mir, so ich dir. Das nennen wir ‚Gerechtigkeit’.
Nun habe ich den starken Verdacht, dass wir diese Art von Beziehung auch auf unser Verhältnis zu Gott übertragen.
- Ich verspreche dem heiligen Antonius 20 Franken, wenn ich den Kellerschlüssel wiederfinde.
- Wenn meine Frau das Kind, das sie erwartet, gesund zur Welt bringt, werden wir eine Messe lesen lassen.
- Wenn wir vom Unwetter verschont bleiben, werden wir an der Weggabelung ein Kreuz aufstellen.
Um noch ein bisschen mehr Druck aufzusetzen, erfülle ich die Bedingung schon zum Vornherein.
- Ich mache eine Wallfahrt nach Lourdes, damit ich geheilt werde.
- Ich gebe 100 Franken an das Fastenopfer, damit der Deal mit dem Geschäftspartner gelingt.
- Ich bete einen Rosenkranz, damit die Tochter die Stelle bekommt.
Um es klar und deutlich zu sagen: Mit diesem ‚Spiel’ will Gott  nichts zu tun haben.
Macht das Haus meines Vaters nicht zu einer Markthalle! (Joh 2,16)
Er ist nicht bereit, bei diesem Markt mitzumachen und auf die Bedingungen, die wir stellen, einzugehen. Und er selbst stellt auch keine Bedingungen.
Der Grund ist ein sehr einfacher:
 Gott ist Liebe (1Joh 4,8)
und Liebe stellt keine Bedingungen.
So begeben wir uns in eine Welt, die von der unseren völlig verschieden ist. Es ist Gottes Welt.




Hermann-Josef Venetz

samedi 22 mars 2014

Durststrecken



Wenn ein Mensch, um ein Ziel zu erreichen, eine längere Zeit durch ein Gebiet gehen muss, das kein Wasser führt, nennt man das eine Durststrecke. Im übertragenen Sinn ist damit eine Zeitspanne voller Entbehrungen und Einschränkungen gemeint, eine zeitweilige Bedrängnis, die es zu überstehen gilt, eine Zeit, in der man wenig verdient, ja kaum sein Auskommen hat, eine Zeit, deren Ende man dringend erwartet.
Durststrecken gibt es auch in Beziehungen zwischen Menschen, so wenn zwei Liebende – wie und aus was für Gründen auch immer – voneinander getrennt sind und nichts sehnlicher erwarten als einander wiederzufinden.

Von Durststrecken sprechen auch Mystiker. Das sind Menschen, die unbeschreiblich tiefe Erfahrungen mit Gott machen und immer wieder Momente des Einsseins mit Gott erfahren dürfen, Momente innigster Zweisamkeit. Die Zeiten zwischen diesen Momenten des Tanzes, in dem das fliessende Licht der Gottheit sie durchdringt, empfindet z.B. die Mystikerin Mechthild von Magdeburg (13. Jahrhundert) als Wüste der Gottabwesenheit, als dunkle Nacht‚ ja als Todesschattenschlucht. Diese Finsternis erleiden und die Gottesferne aushalten, das sind die langen Durststrecken der Mystiker.

Nun, wir brauchen von Mystik nichts zu verstehen. Vielleicht haben wir eine leise Ahnung von Momenten inniger Zweisamkeit mit Gott, vielleicht auch eine leise Ahnung von Durststrecken, wenn wir von der Nähe Gottes höchst selten oder kaum je etwas spüren sondern nur ersehnen. Nur: Warum spricht man in unserer Beziehung zu Gott nur von den Durststrecken der Menschen und nicht auch von den Durststrecken Gottes?

Hermann-Josef Venetz


samedi 15 mars 2014

Zum Leben rufen


 Am Fest der heiligen Maria von Magdala (22. Juli) wird in der römisch-katholischen Liturgie ein Abschnitt aus dem Johannesevangelium gelesen (20,1-2.11-18).  Darin wird erzählt, dass Maria am ersten Wochentag frühmorgens, als es noch dunkel war, zum Grab kam, in dem sie den Leichnam Jesu vermutete. Da sie das Grab leer fand, alarmierte sie umgehend Simon Petrus und den Jünger den Jesus liebte und machte sich dann selbst auf die Suche nach Jesus. Und sie fand ihn auch. Allerdings meinte sie zuerst, es sei der Gärtner. In der Erzählung heisst es dann:
Jesus sagte zu ihr: ‚Maria!’ Da erkannte sie ihn…
Der Kommentator schrieb dazu:
»Durch Jesu Ruf kam sie zum Leben.«

Am Nachmittag machte ich einen Spaziergang auf dem Friedhof meines Wohnortes. Ich stellte mir vor, wie der Auferstandene jede und jeden, die da auf dem Friedhof lagen, beim Namen ruft.

In den so genannten Fürbitten des Gottesdienstes las ich im Anschluss an das Evangeliums unter anderem:
»Wenn unsere Augen verdunkelt sind und wir dich nicht erkennen, ruf uns beim Namen.«

Das wäre doch auch eine christliche Sendung:  alle Menschen beim Namen zu rufen, damit sie zum Leben kommen.

Hermann-Josef Venetz


samedi 8 mars 2014

Der andere König


Der Evangelist Matthäus erzählt, dass nach der Geburt Jesu Weise aus dem Morgenland nach Jerusalem gekommen sind mit der Frage: Wo ist der neugeborene König der Juden? (Matthäus 2,2) Verständlich, dass sie in Jerusalem danach fragten, war Jerusalem doch das Zentrum des jüdischen Glaubens, die heilige Stadt. Der Stern, dem  sie folgten, wies allerdings in eine ganz andere Richtung: Bethlehem


 Vor mehreren hundert Jahren schickte Gott den Propheten Samuel nach Bethlehem, einen damals ziemlich unbedeutenden Ort. Dort sollte er einen der Söhne Isais zum König salben. Samuel machte sich auf, auch wenn er nicht wusste, wer von den Söhnen es sein sollte. Isai stellte ihm einen nach dem anderen vor. Einer stattlicher und imponierender als der andere, und bei jedem dachte sich Samuel: Das muss er sein! Und jedes Mal sagte ihm Gottes Stimme: Nicht den habe ich erwählt; sieh nicht auf sein Aussehen und seine stattliche Gestalt; Gott sieht nämlich nicht auf das, worauf Menschen sehen. Menschen sehen das, was sie vor Augen haben, Gott aber sieht das Herz

Schliesslich liess Isai den Jüngsten kommen, der auf dem Feld die Schafe hütete und eigentlich noch gar nicht zählte. Ausgerechnet diesen salbte der Prophet zum König (vgl. 1 Samuel 16,1-13). Samuel hatte nicht damit gerechnet, dass Gott auf der Seite derer steht, die für die Menschen gar nicht zählen, auf der Seite derer, die zu gering, zu unscheinbar, zu unbed eutend sind. 
 
An einer späteren Stelle des Evangeliums wird berichtet, dass Jesus tatsächlich in Jerusalem als König einzog. Er kam nicht hoch zu Ross, sondern ritt auf einem Eselsfüllen.
Hermann-Josef Venetz

Taize

samedi 1 mars 2014

Suchen wir am falschen Ort?


Lukas berichtet in seinem Evangelium (24,1-11), dass am Ostermorgen Frauen zum Grabe kamen, den Leichnam Jesu aber nicht fanden. Fast vorwurfsvoll fragten ‚zwei Gestalten in strahlendem Gewand’ die Frauen: 

Was sucht ihr den Lebendigen bei den Toten?
Die Frauen hielten nach einem Leichnam Ausschau und rechneten nicht damit, dass nicht mehr der Tod, sondern das Leben das letzte Wort hat.



Der gleiche Evangelist Lukas berichtet in der Apostelgeschichte (1,1-11) von der Entrückung Jesu in den Himmel. Während die Jünger unverwandt zum Himmel hinaufschauten, standen bei ihnen wieder ‚zwei Gestalten in strahlendem Gewand’, und wiederum fragten sie fast vorwurfsvoll: 

Ihr Leute da, was steht ihr hier herum und starrt zum Himmel hinauf?
 
Ganz offensichtlich suchten die Jünger ihren Meister im Himmel und rechneten nicht damit, dass das neue Leben für sie bereits hier auf Erden begonnen hat.

Die Bibel lässt uns die Frage nach dem Wo ganz neu und anders stellen und weist uns dabei in das Leben ein.
Hermann-Josef Venetz