samedi 25 janvier 2014

Gottes JA und AMEN

Gegen Ende des so genannten ersten Schöpfungsberichts der Bibel (Genesis 1,1-2,4a) steht der Satz: Und der Ewige sah alles, was er gemacht hatte – und es war sehr gut. Es klingt wie das jubelnde JA des Künstlers, der nach langem intensivem Planen und Schaffen sein Werk betrachtet und sich darin wiederfindet, oder wie das AMEN am Schluss eines preisenden Lobgesanges, in dem alle Register gezogen werden. JA, so ist es gut, genau das, was ich meinte. AMEN, so sei es und so soll es sich weiter entfalten bis zur Vollendung.

 Leider fügten sich die Menschen nicht immer in diese gute Schöpfung, sie stimmten dem JA Gottes nicht zu, das AMEN Gottes fand in ihnen keinen Nachklang. Propheten mussten auf den Plan treten, um die Menschen immer wieder zu ermahnen. Aber nicht nur das; immer wieder riefen sie den Leuten zu, dass Gott sein JA trotz allem nie zurücknehmen werde. Gott ist treu – so interpretierten sie auch den  geheimnisvollen Namen, den Gott dem Mose aus dem brennenden Dornbusch kundgetan hat: Ich bin bei euch und gehe mit euch.

 Es stimmt überhaupt nicht, dass Treue ein altmodischer Begriff ist. Treue hat auch nichts mit Unbeweglichkeit zu tun. Treue ist nach vorwärts gerichtet. Nur wer treu ist, kann mit offenen Augen durch die Welt und auf den Mitmenschen zugehen und immer wieder neue Entdeckungen machen, Entdeckungen, die Spass machen. Julie Andrews soll einmal gesagt haben: »Wenn einem die Treue Spaß macht, dann ist es Liebe.«

 Ob Paulus an diese ‚Treue, die Spass macht’ gedacht hat, als er der christlichen Gemeinde in Korinth schrieb, dass im Messias Jesus das JA Gottes, die Treue Gottes Wirklichkeit geworden ist, das JA Gottes trotz allem? (2. Korintherbrief 1,19)

Hermann-Josef Venetz

samedi 18 janvier 2014

Der andere Friede


Als der Evangelist Lukas sein Evangelium niederschrieb, aus dem wir in diesen Tagen die Weihnachtsgeschichte lesen, dachte er nicht an unseren Heiligen Abend mit der Bescherung im trauten Familienkreis, nicht an Krippe und Christbaum und erst recht nicht an Lametta und Wunderkerzen. Die so genannte Weihnachtsgeschichte ist etwas vom Mutigsten und Gewagtesten, das je aufgeschrieben wurde.

Die Pax Romana
Die Zeit, in der Lukas schrieb, war die Zeit der römischen Kaiser. Im Weihnachtsevangelium wird Augustus namentlich genannt. Ihm folgten Tiberius, Caligula, Claudius, Nero usw. Namhafte Geschichtsschreiber nannten diese Zeit der Kaiser die glücklichsten Jahre Roms. In der Tat stand das Römische Reich damals in unvergleichlichem Glanz. Die Leute hatten alle zu essen. Wer tüchtig war, konnte arbeiten und vorwärtskommen. Schulen sorgten für eine gute Ausbildung. Neue Städte sprossen aus dem Boden, Fabriken wurden gebaut, Banken und Einkaufsläden blühten. Die starke Armee war überall einsatzbereit und gliederte immer wieder neue Länder und neue Völker dem Römischen Imperium ein. 

 Und über allem und allen der Kaiser in Rom, das Symbol der Einheit und des Friedens. Zur Zeit des Lukas nannte man ihn: Herr und Retter und Erhabener und Gott. Damit war nicht nur die Person des Kaisers gemeint; das ganze System, der Staat mit allem, was er unter Kontrolle hielt, hatte göttlichen Glanz, und wer sich diesem System widersetzte, widersetzte sich Gott selbst.

Für den einzelnen Bürger bedeutete das, dass er sich anpassen musste, wenn er überleben wollte. Er richtete sich nach Slogens, die ungefähr so lauteten:
- Hilf dir selbst, dann hilft dir Gott.
- Jeder ist sich selbst der Nächste.
- Wer zahlt, befiehlt.
- Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen.
- Das Recht steht auf der Seite des Stärkeren.
- Wer den Frieden will, muss sich auf den Krieg vorbereiten.

Für dieses ‚Reich’ fand man den wunderbaren Namen Pax Romana. Es war der Friede und die Ordnung der Starken und Reichen und Mächtigen. Und wer sich diesem Frieden und dieser Ordnung nicht unterwerfen wollte, wurde als Vaterlandsverräter und als Atheist eingekerkert und sogar hingerichtet.

Das subversive Evangelium

Auf dem Hintergrund des Römischen Friedens hört sich das Weihnachtsevangelium des Lukas äusserst mutig, ja sogar subversiv an. Dem Römischen Frieden stellt das Weihnachtsevangelium einen ganz anderen Frieden gegenüber:

- Es ist nicht der Friede militärischer Macht, sondern der Friede der ohnmächtigen Liebe.
- Es ist nicht der Friede wirtschaftlicher Unterdrückung, sondern der Friede der Partnerschaft.
- Es ist nicht der Friede des Reichtums und des Luxus, sondern der Friede der Solidarität und des Teilens.
- Es ist nicht der Friede der Überlegenheit, sondern der Friede der Gerechtigkeit.
- Es ist nicht der Friede des Befehls und des blinden Gehorsams, sondern der Friede des Gesprächs.
- Und nicht der Kaiser in Rom ist der Retter und Herr, sondern...

Die Weihnachtsbotschaft war in der damaligen Zeit eine sehr gefährliche Botschaft. Es erstaunt darum nicht, dass der Träger dieser Botschaft, Jesus von Nazaret, als Unruhestifter hingerichtet wurde und dass seine Jüngerinnen und Jünger verfolgt wurden.

Christusgläubige werden sich heute die Frage stellen müssen, auf welcher Seite sie denn stehen und auf welchen Frieden sie denn setzen: auf den Frieden der Macht und des Reichtums oder auf den Frieden, der Gerechtigkeit für alle bedeutet. Christusgläubige werden sich die Frage gefallen lassen müssen, ob sie ihr Leben vom Mammon und von der Karriere bestimmen lassen oder vom Erbarmen Gottes, von der Ohnmacht der Liebe.

Weihnachten bedeutet nämlich dieses: Nicht Reichtum und Wirtschaftswachstum um jeden Preis und auch nicht die Armee werden den Frieden sichern, sondern das Teilen, das Eintreten für die Armen und Entrechteten und das gegenseitige Vertrauen.
Hermann-Josef Venetz

samedi 11 janvier 2014

Fingerzeige Gottes?


 Wenn uns etwas zustösst, fragen wir uns oft, was für eine Lektion uns Gott erteilen, was für einen Fingerzeig er uns geben will. Es gibt Menschen, die  gar schnell bereit sind, in allem einen Fingerzeig Gottes sehen. 
 
- Jemand, der mir nahe steht, ist gestorben. – Der Fingerzeig Gottes: Du hättest mehr nach ihm sehen sollen. 
 
- Heute war ich den ganzen Tag schlecht gelaunt. – Die Lektion, die Gott mir gibt: Gewöhne dich, abends früher schlafen zu gehen.

- Ein Kollege ist mit einem Herzinfarkt ins Spital eingeliefert worden. – Ein Fingerzeig Gottes: So geht es, wenn man seine Grenzen nicht anerkennen will. 
 
- Der abendliche Spaziergang im Wald hat mir gut getan. – Die Lektion Gottes: Erlaube dir öfters solche Spaziergänge
 
- Heute hätte ich mit meinem Wagen um ein Haar einen bösen Unfall gebaut.

  – Der Hinweis Gottes: Musst du denn für alles den Wagen benutzen?

Der Beispiele gibt es mehr. Nur: Sind das alles Fingerzeige oder Hinweise Gottes? Sehen wir zu.

Es sind doch samt und sonders Hinweise, auf die ich selber auch kommen könnte. Sie sagen nichts, was mir nicht schon längst bekannt wäre. Das heisst: Ich projiziere die ‚Lektionen’, die ich mir selber gebe, in Gott hinein und lasse mir durch ihn meine eigenen Lektionen geben.

Wenn ich weiter diese ‚Lektionen’ näher betrachte, stelle ich fest, dass sie durchwegs moralisierender Art sind. Das bedeutet aber auch: Dadurch dass ich diese Fingerzeige in Gott hineinprojiziere mache ich aus ihm einen Moralapostel, der mich mit erhobenem Zeigefinger jeweils an das erinnert, auf das ich schon lange selbst gekommen bin:
 
- Ich sollte den Leuten mehr nachfragen, 
 
- ich sollte zu meiner Gesundheit mehr Sorge tragen,  

- ich sollte nicht für jede Ortsveränderung den Wagen benutzen… 
 
 Rodin
Erteilt uns Gott also keine Lektionen bei all dem, was uns zustösst? Sagen wir mal so: nicht in dem Sinn, wie ich es eben getan habe. Und sicher erhebt er nicht dauernd den drohenden Zeigefinger. Bei allem, was uns zustösst, sei es an Positivem, sei es an Negativem, will Gott uns sagen: 
 
Ich bin bei dir, ich bin mit euch. Das ist seit jeher mein Name: Ich bin der Ich-bin-da.
Gott erteilt keine Lektionen; bei allem, bei wirklich allem, was mir zustösst, bringt sich Gott bei mir in Erinnerung: 
 
Ich will, dass du bist und dass du du bist; ich geh mit dir.

Hermann-Josef Venetz

samedi 4 janvier 2014

Gott als Sklave

In jüdischen Bibelkommentaren wird zur Bestätigung der Aussagen, die der Verfasser macht, jeweils eine Stelle aus der Bibel selbst gesucht. 
 
In einem dieser Kommentare wird Gott mit einem Menschen verglichen, der sich einen Sklaven kauft. So erwarb sich Gott das Volk Israel, denn – so heisst  es in Levitikus 25,55 – mir gehören die Kinder Israels als Sklaven. Aber statt dass sie für Gott Sklavendienste verrichten, tut es Gott für sie. Das wird an mehreren Beispielen aufgezeigt.
 
- Bei den Menschen ist es so, dass der Sklave seinem Herrn die Füsse wäscht; aber bei Gott verhält es sich nicht so; im Buch Ezechiel (16,9) sagt Gott zu seinem Volk: Und ich habe dich mit Wasser gewaschen
 
- Bei den Menschen ist es so, dass der Sklave seinen Herrn ankleidet; aber bei Gott verhält es sich ganz anders; im Buch Ezechiel (16,10) sagt Gott zu seinem Volk: Und ich habe dich mit buntgewirktem Stoff bekleidet
 
- Bei den Menschen ist es so, dass der Sklave seinem Herrn die Schuhe anzieht; aber bei Gott verhält es sich nicht so; im Buch Ezechiel (16,10) sagt nämlich Gott zu seinem Volk: Und ich habe dir Schuhe aus weichem Leder angezogen
 
- Bei den Menschen ist es so, dass der Sklave seinen Herrn trägt; aber bei Gott verhält es sich gerade umgekehrt; im Buch Exodus (19,4) sagt nämlich Gott zu seinem Volk: Und ich habe euch auf Adlerflügel getragen
 
- Bei den Menschen ist es so, dass der Herr schläft und der Sklave bei ihm wacht; aber bei Gott verhält es sich anders herum; Psalm 121,4 sagt nämlich: Nicht schlummert noch schläft der Wächter Israels.


Sollten wir unser Verhältnis zu Gott nicht einmal neu überdenken?
Hermann-Josef Venetz