dimanche 26 avril 2015



Galiläa

Für die Hohenpriester, Ratsherren und Pharisäer war es klar: aus Galiläa kommt kein Prophet; aus Galiläa ist überhaupt nichts Vernünftiges zu erwarten.
Dabei war Galiläa ein reich gesegnetes Land. Fruchtbarer Boden, gesunde Landwirtschaft, reiche Fischerei, gefragte Handwerker…
Aber was nützen diese Güter und die gut ausgebaute Infrastruktur, wenn die Güter schlecht verteilt sind? Nur wenige Familien konnten sorglos leben: Grossgrundbesitzer, finanzkräftige Steuer- und Zollpächter, Grosshändler. Die Mittelschicht bestand aus Handwerkern, Kleinpächtern, Fischern, Kleinbauern, soweit sie nicht enteignet waren. Zahlenmässig am stärksten ins Gewicht fiel die verarmte Unterschicht. In den Evangelien liest man oft von Bettlern, Sklaven, Verschuldeten, Tagelöhnern, Arbeitslosen, Blinden, Gelähmten, Aussätzigen, psychisch Kranken…
Wo der Unterschied zwischen reich und arm gross ist, ist auch die  Resignation gross. Viele Leute verliessen das Land oder gingen in den Untergrund. Galiläa war auch das Land der Widerstandskämpfer…
Aber ausgerechnet in Galiläa ist Jesus aufgetreten: Jetzt ist die Zeit da; jetzt nimmt Gott selbst das Ruder in die Hand; wir können neu anfangen und Vertrauen fassen. Und ausgerechnet in Galiläa wurde dieser Ruf auch konkret: die gekrümmte Frau konnte wieder aufrecht gehen, der Gelähmte sprang herum, Sünder und Prostituierte fanden wieder Gemeinschaft… Auch das ist Galiläa.
Aber bald schon hörten sie Jesus nicht mehr zu; sie beobachteten ihn nur noch, ob sie etwas finden können, um ihn den Römern auszuliefern. Die Verwandten hielten ihn für verrückt. Die eigenen Jünger verstanden ihn nicht.  Sein engster Mitarbeiter, Petrus, verleugnete ihn… Auch das ist Galiläa.
Hingerichtet wurde Jesus in Jerusalem, der ‚Heiligen Stadt’,  weil man ihn dort nicht mehr ertragen konnte, weil er dort den Interessen der Mächtigen, der Priester und Römer, querstand.
Am Schluss des Markusevangeliums steht am leeren Grab der Bote Gottes. Zur Auferstehungsbotschaft, die er den Frauen ausrichtet, gehört auch dies: Geht hin und sagt seinen Jüngern und dem Petrus: Er geht euch voraus nach Galiläa; dort werdet ihr ihn sehen. Nicht in alle Welt sollen sie gehen und auch nicht zum Tempel. In Galiläa werden sie ihn sehen, dort, wo alles angefangen hat, da sollen sie den Weg mit ihm noch einmal aufnehmen.
Galiläa. Könnte mit Galiläa auch unsere Zeit und unsere Welt gemeint sein? unser Alltag mit all dem Widersprüchlichen und Widerwärtigen? Könnte die Oster-Verheissung auch uns gelten: Hier in unserem Galiläa werden wir ihn sehen – in all den Leuten, mit denen er sich auch heute solidarisiert: mit den Kranken, Arbeitslosen, Fremden, Gefangenen. Sehen – wenn wir ihm auch nachfolgen, das heisst angstlos auf die Armen zugehen, mit ihnen das Brot brechen, sie in die Arme nehmen, bei ihnen ausharren, mit ihnen ans Kreuz gehen...
Galiläahier und jetzt und bei uns?
Hermann-Josef Venetz



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