samedi 8 décembre 2012

Zum Hineinbeissen


Vor nicht allzu langer Zeit war ich wieder einmal in Köln, der Stadt, in der der heilige Hermann aufgewachsen war. In der Kirche Sankt Maria im Kapitol befindet sich eine Marienstatue. Hermann soll als Junge die Kirche sehr oft besucht und vor dieser Statue gebetet haben. Eine Frau soll einmal beobachtet haben, wie er der Mutter Gottes einen Apfel schenkte. Offensichtlich hat die Geste des heiligen Hermann Schule gemacht bis auf den heutigen Tag, denn zu Füssen dieser Statue aus dem 12. Jahrhundert bemerkte ich bei meinem Besuch tatsächlich mehrere Äpfel, rot, appetitlich, frisch und knackig. Zum Hineinbeissen.

Hermann, der spätere Prämonstratenser Mönch in Steinfeld, erhielt wegen seiner Marienmystik von seinen Mitbrüdern den Beinamen Josef. Berühmt geworden ist er aber hauptsächlich wegen des Apfels, den er der Gottesmutter geschenkt, und weniger wegen des Hymnus, den er ihr zu Ehren gedichtet hat.


Ein Apfel zum Hineinbeissen: So stelle ich mir echte Frömmigkeit und gute Theologie vor: konkret, nahrhaft, echt, frisch, knackig – eben zum Hineinbeissen. So ganz anders als manche in unserer Kirche üblichen Frömmigkeitszeichen, die jeder Sinnlichkeit beraubt wurden: Hostien, die nach gar nichts schmecken und auf der Zunge zergehen, bevor man zu kauen versucht; ein goldene Kelch, an dem man höchstens nippt – von Wein kaum eine Andeutung; Salbungen, bei denen vor allem der Wattebausch von Bedeutung ist, mit dem man Spuren des Öls und der Salbung möglichst schnell wieder entfernen kann; Fusswaschungen, bei denen nur der Fuss benetzt und abgetrocknet wird, der vorgängig sorgfältig gereinigt wurde...

Da lobe ich mir Hermanns Apfel, in den man hineinbeissen kann, wie es sich gehört. Ich erlaube mir vorzustellen, dass der Heilige erwartete, dass die Gottesmutter auch wirklich in den Apfel hineinbeissen wird, wie es sich gehört. Dass ihr wenigstens das vergönnt ist, nachdem ihr von der offiziellen Theologie her schon verwehrt war, ihr Kind so zu empfangen und zur Welt zu bringen, wie es sich gehört hätte…

Hermann-Josef Venetz

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