samedi 24 mai 2014

Komm heute noch!


 Im so genannten Brevier, dem Stundengebetbuch der Kirche, las ich nach dem Vaterunser folgenden Zwischenruf:
Wie lange noch, Ewiger, bis der Tag deiner Herrschaft anbricht?
Komm, unser Retter, komm heute noch! 
 
Das Vaterunser darf durchaus etwas Dringliches an sich haben. Wir dürfen es auch stürmisch beten: Komm jetzt! Die Brotbitte enthält übrigens die Dringlichkeit des Heute: Gib uns heute unser täglich Brot. Ich höre die hungernden Kinder wimmern und weinen. Und ich höre die Väter und Mütter, die nichts haben, um sie zu ernähren. Sie brauchen heute noch, jetzt Hilfe.
Auch die Bitte um Vergebung hat etwas Dringliches an sich. Nicht damit die Dinge möglichst bald ‚erledigt’ sind, sondern dass wir möglichst bald frei werden von unseren Lasten und unseren Besessenheiten.

Aber dann hörte ich auch bei jeder Bitte jeweils das Echo von Gott her: ‚Wie soll mein Wille heute noch geschehen, wenn du ihn nicht erfüllst?’ ‚Wie soll ich heute noch kommen, wenn du doch nicht da bist, um mir zur Hand zu gehen?’ ‚Wie soll ich heute meinen Namen heiligen, wenn du nicht heute noch in diese Heiligung einstimmst?’

Wäre das nicht auch eine Art, das Vaterunser zu beten: dass wir bei jeder Bitte unsere Mithilfe anbieten? Zum Beispiel
- Geheiligt werde dein Name meiner Mithilfe darfst du gewiss sein.
- Dein Reich Komme – ich möchte dir dabei zur Hand gehen.
- Dein Wille geschehe – auf mich darfst zählen.
- Unser tägliches Brot gib uns heute – ich möchte es mit den Hungrigen zu teilen.
Mit verschränkten Armen oder mit den Händen in den Taschen lässt sich nicht beten. Erst recht nicht das Vaterunser.

Hermann-Josef Venetz

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