mercredi 4 septembre 2013

Kann man Gott lieben?

Vor nicht allzu langer Zeit habe ich an dieser Stelle die Einsicht geäussert, dass wir uns mit dem Wort »lieben« schwer tun, ganz besonders wenn wir jemandem gegenüber unsere Zuneigung bekunden wollen. Es klinge zu intim, zu gefühlvoll, zu romantisch. Statt dessen schlug ich eine Variante vor, die weniger verfänglich, dafür aber realistischer ist: »Ti voglio bene.« Man kann das umschreiben mit »ich will dir gut«, »ich möchte, dass es dir gut geht«, »du sollst du sein können«, »ich möchte zu dir stehen, was immer auch geschehen mag«. Im Unterschied zu dem eher verschwommenen und undefinierbaren »ich liebe dich« drückt das »ti volio bene« etwas Konkretes, Handfestes und Dauerndes aus, etwas auch, dass man lernen kann.

Die Frage die sich mir heute stellt ist die, ob wir diese Redeweise auch auf unsere Zwiesprache mit Gott übertragen können. Ich zweifle keinen Augenblick daran, dass mir Gott gut will, wenn ich auch selbst herausfinden muss, was das konkret bedeutet: dass er mich nicht im Stich lässt, wenn ich in einer misslichen Lage bin; dass er an mir festhält, auch wenn ich jemandem weg getan habe; dass er mir beisteht, wenn mich Angst befällt; dass er bei mir ist, wenn ich einem Fremden aus der Patsche helfe; dass er mich tröstet, wenn ich verletzt oder beleidigt bin. »Ti voglio bene« – ist das nicht eigentlich sein Name, wie er ihn dem Mose am brennenden Dornbusch kundgetan hat: »Ich bin der Ich-bin-Da, der, der mit dir geht, der dich nicht im Stich lässt«?

Hören wir mal in die Stille hinein, und wir werden seine Stimme vernehmen: »Ich bin für dich da. Ich lasse dich nicht. Ich bin mit dir. Ti voglio bene«.

Geht es nicht auch umgekehrt? Wir haben Mühe, Gott zu sagen, dass wir ihn lieben, weil das so phrasenhaft, so unverbindlich und darum auch so nichts sagend klingt; »lieben« kann ja alles Mögliche – oder auch nichts – bedeuten. Wenn ich Gott sage »ich will dir gut«, dann biete ich ihm meine Hilfe an, damit sein Werk gelingt. Dabei denke ich an seine Schöpfung, an unsere Mitwelt. Vor allem kommen dann all die Menschen in der Blick, die zu Gottes Leidwesen zu kurz kommen, die von uns zurückgewiesen werden und Hunger leiden, die aber ihm besonders am Herzen liegen. Der ganzen Welt und ihren Menschen will Gott gut sein – durch unsere Mithilfe. Wie denn sonst?

Wenn wir Gott sagen »ti voglio bene« schwingen wir uns ein in sein eigenes Gutsein und Erbarmen, wie wir es selbst in unserem Leben immer wieder erfahren.

Hermann-Josef Venetz

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