Mit
der Bibel die Welt entdecken
Wir
können mit den Sinnen die Bibel entdecken. Auch das Umgekehrte ist
richtig: Je besser wir die Bibel verstehen, desto besser werden wir
auch acht geben auf unsere Sinne und mit ihnen Leben entdecken.
Schmecken
Dass
man die Nähe Gottes mit einem Mahl, mit Essen und Trinken in
Zusammenhang bringen kann (Matthäus 8,11; Lukas 14,15), veranlasst
mich, von der Bibel oder mit der Bibel zurück zu unseren Mählern zu
kommen. Sollten sie – auch im Familienkreis – nicht so
etwas wie Vorwegnahmen des endzeitlichen Mahles sein und von der Nähe
Gottes künden?
Sehen
Wenn
mir die Bibel bereits auf der ersten Seite deutlich macht, dass Gott
gesehen habe, dass alles, was er gemacht habe, gut war (Genesis 1),
dann werde ich mit anderen Augen dem Frühling begegnen. Und wenn ich
in der Bibel lese, dass Gott das Elend seines Volkes in Ägypten
gesehen hat und herabgestiegen ist (Exodus 3,7), dann werde auch ich,
von der Bibel inspiriert, das Elend der Flüchtlinge sehen, aus mir
heraus kommen und für die Verfolgten Partei ergreifen.
Hören
Wenn
ich mit dem Psalmisten Gott inständig bitte, dass er doch sein Ohr
zu mir wende, dass er aufmerke auf mein Flehen (86,1.6), dann werde
ich mit diesem Gebet und mit der Bibel in der Hand in mein Leben
zurück kommen und dankbar sein, wenn Menschen mir zuhören und
dankbar sein, wenn es mir gelingt, selbst den Menschen zuzuhören –
gerade den Sprachlosen und Hilfsbedürftigen.
Riechen
Wenn
Gott die Opfer nicht riechen kann (Amos 5,21f), oder wenn das Gebet
wie Weihrauch vor das Angesicht Gottes steigen soll (Psalm 141,2),
oder wenn die Gemeinde Wohlgeruch Christi für Gott sein möge (2.
Korintherbrief 2,15), dann werde ich, von der Bibel aufmerksam
gemacht, auf meinen Geruchsinn besser acht geben und Menschen wieder
riechen können, auch wenn sie verschwitzt sind, oder wenn der Raum,
in dem eine Gebetsgruppe eine Stunde lang beisammen war, nicht nur
nach Weihrauch duftet.
Tasten
Wenn
Jesus das Gesicht der Blinden betastet (Mattäus 9,29) oder die
Schwiegermutter des Petrus bei der Hand nimmt (Markus 1,31), oder
wenn Jesus sich berühren lässt – von der blutflüssigen Frau
(5,27), oder von jener, die in der Stadt als Sünderin gilt (Lukas
7,38), dann werde ich deswegen zwar noch nicht wahllos allen Menschen
auf die Schultern klopfen, aber ich werde mit einer diskreten Geste
Brücken schlagen können, die zueinander führen.
Zwei
Thesen möchte ich abschliessend formulieren, die einander ergänzen
oder bedingen:
• Je
besser ich mit meinen Sinnen umzugehen weiss, desto besser werde ich
die Bibel verstehen können;
• und je besser ich die Bibel verstehe, desto besser werde ich meine Sinne einsetzen und Leben entdecken können, mein Leben verändern, mein Leben auch einzusetzen wagen.
Hermann-Josef
Venetz
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