mardi 15 septembre 2015

»REFORMIERT EUCH!«




  Ayaan Hirsi Ali en 2006 (Koen van Weel/Reuters). 
 
So lautet der Titel eines Buches von Ayaan Hirsi Ali. Der Untertitel lautet: »Warum der Islam sich ändern muss.« Erschienen ist das Buch 2015 im Knaus-Verlag. Die Autorin, Politikwissenschaftlerin, nennt vor allem 5 Punkte, in denen sich der Islam ändern müsse:
1. Mohammed und der Koran dürfen nicht mehr als unfehlbar gelten.
2. Statt über das Leben nach dem Tod zu spekulieren, sollte das Leben vor dem Tod einen grösseren Stellenwert erhalten.
3. Die Scharia, die islamische Rechtsordnung, muss an die Menschenrechte gebunden werden.
4. Der Einzelne soll nicht mehr ermächtigt sein, islamisches Recht durchzusetzen.
5. Der Dschihad soll nicht länger als ‚heiliger Krieg’ geführt werden. Die Gewalt darf auch in religiösen Belangen nicht länger das letzte Wort haben.
Norbert Copray, der das Buch in der Zeitschrift Publik-Forum vom 24. Juli 2015 vorstellt, sagt dazu: »Da ist für viele Muslime ein dickes Brett zu bohren. Und ein Projekt für die kommenden 300 Jahre.«

Ich meine: In einem gewissen Sinne lassen sich die 5 Punkte mit nur wenigen Abstrichen auch auf das Christentum oder unsere Kirchen übertragen.
1. Die Bibel, auch die Evangelien und selbst Jesus, sollten nicht als ‚unfehlbare Grössen’ gelten. Ja, auch Jesus nicht. Wir entreissen ihm sein Menschsein, wenn wir ihm nicht erlauben sich zu irren. Irren ist menschlich. Für den christlichen Glauben ist es unaufgebbar, dass Gott in Jesus Christus Mensch geworden ist. Ein unfehlbarer, irrtumsloser Mensch ist ein Monster. Ganz abgesehen davon, dass Worte Jesu – so es denn welche gibt – von irrenden Menschen niedergeschrieben und weitergegeben wurden.
2. Auch im Christentum ist man immer noch zu sehr darauf bedacht, sich den Himmel zu verdienen, anstatt hier und jetzt für eine friedlichere und gerechtere Welt einzutreten.
3. Die Scharia entspricht in etwa der kirchlichen Rechtsordnung. Unsere kirchliche Rechtsordnung stiesse auch beim gläubigen Volk auf weniger Widerstand, wenn sie stärker an die Menschenrechte gebunden wäre – ich denke hier an die Ungleichstellung von Männern und Frauen in der römisch-katholischen Kirche und an das Heiratsverbot für kirchliche Amtsträger.
4. In der römisch-katholischen Kirche liegt die unfehlbare Definitions- und Interpretationsmacht bei einem Einzelnen, dem Papst. Das, obwohl er sich in der Geschichte nachweislich x-mal geirrt hat – auch in sogenannten Glaubensfragen.
5. Unser Engagement für den Glauben und unser ‚Kampf’ gegen das Böse dürfen nicht dazu führen, dass Andersgläubige ihrer Würde beraubt und Sünder aus der Gemeinschaft ausgeschlossen  werden.
Da ist – so meine ich – auch für viele Christinnen und Christen » ein dickes Brett zu bohren«. Hoffen wir, dass das Projekt für die Verwirklichung nicht 300 Jahre benötigt.
Hermann-Josef Venetz

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