Bild: Fr Maximino Cerezo Barredo
Wieder
einmal stritten die Jünger unter sich, wer von ihnen der Grösste
sei.
Der
Streit und das Wetteifern um den ersten Rang – wo auch immer –
ist so alt wie die Menschheit. Die Antwort Jesu verband sich mit
einer Art Zeichenhandlung:
Er
stellte ein Kind in ihre Mitte, nahm es in seine Arme und sagte zu
ihnen: Wer ein solches Kind um meinetwillen aufnimmt, der nimmt mich
auf; wer aber mich aufnimmt, der nimmt nicht nur mich auf, sondern
den, der mich gesandt hat (Mk 9,33–37).
Unsere
Vorstellungen von Kindern sind von der Romantik geprägt: Sie sind
herzig, unschuldig, lustig, offen… Für sie tut man alles. Zur Zeit
Jesu wurden sie im gleichen Atemzug mit den Frauen und Sklaven
aufgezählt: Frauen, Kinder, Fremde – sie waren eben die Letzten in
der gesellschaftlichen Rangordnung. Wir wissen aus Berichten, aber
auch aus der damaligen Gesetzgebung, dass Kinder abgetrieben,
ausgesetzt, geschlagen, getötet wurden. Eines dieser Kinder, dieser
Letzten, stellt Jesus in die Mitte und umarmt es. Ja mehr noch: Jesus
identifiziert sich mit ihm: Wer ein solches Kind … aufnimmt, der
nimmt mich auf. Ja mehr noch: Wer ein solches Kind…aufnimmt,
der nimmt auch den auf, der mich gesandt hat, das heisst Gott,
den Vater.
Im
gleichern Markusevangelium lesen wir wenig später:
Nur
wer Gottes Reich aufnimmt wie ein Kind, wird dort hineingelangen (Mk
10,15).
Dieses
Wort ist auch im Griechischen doppeldeutig:
-
Man soll das Reich Gottes so aufnehmen, wie ein Kind es aufnimmt, das
heisst offen, ohne Argwohn und voll Vertrauen.
- Oder so: Man soll das Reich Gottes so aufnehmen, wie man ein Kind aufnimmt. Das würde heissen: Es sind die Letzten, nichtsnutzen Kinder, bei denen das Reich Gottes zu suchen und zu finden ist.
Frauen,
Kinder, Sklaven, Fremde, die Letzten – sind sie vielleicht der
»Ort« Gottes?
Hermann-Josef
Venetz
Aucun commentaire:
Enregistrer un commentaire