Jesus hat nicht einen Fan-Club gegründet. Er hat
Männer und Frauen in Pflicht genommen, die er an seinem Auftrag und an seinem
Charisma teilnehmen liess. Sie sollten wie er das Kommen Gottes ankünden d.h.
Menschen von allen möglichen Zwängen und Ängsten befreien, Kranke heilen und
den Abgeschriebenen ihre Geschichte, ihre Sprache und ihren Namen zurückgeben.
Wir kennen eine ganze Anzahl dieser Beauftragten mit Namen: Simon, Maria von
Magdala, Andreas, Susanna, Johannes und viele andere mehr (Lukas 8,1-3).
In einem besonderen Berufungsakt bestellte Jesus aus
dieser Schar zwölf Männer. Im Neuen Testament heissen sie einfach die Zwölf. Ihr Auftrag unterschied sich
kaum von dem der genannten Frauen und Männer. Ihre Bedeutung bestand in der
symbolischen Kraft ihrer Erwählung: Sie sollten das Zwölf-Stämme-Volk Israel
repräsentieren, ging es doch Jesus vordringlich darum, das ganze Volk Israel zu
sammeln.
Die Zwölf sollten also nicht nur an Israel, sondern
ausdrücklich an das Zwölf-Stämme-Volk
erinnern. Es war zugleich die Erinnerung an eine grosse Vergangenheit, d.h. an
eine Zeit, in der Israel (noch) nicht von Königen und Tempelpriestern regiert
wurde, sondern selbst ein Königreich von
Priestern und ein heiliges Volk war. So teilte es Gott dem Mose am Sinai
mit (Exodus 19,6). Es war die Zeit, in der das Wort im Umlauf war, das wir bei
Seherinnen und Propheten finden: „Gott
ist König“ – Er allein (Psalm 47,8).
Wie ernst es Jesus bei dieser Erinnerung an die grosse
Vergangenheit war, zeigen die Weisungen, die er den von ihm beauftragten
Männern und Frauen mit auf den Weg gab:
Ihr
wißt: die Herrscher der Völker unterdrücken ihre Leute und lassen sie ihre
Macht spüren und kommen sich besser vor als andere. Bei euch soll es nicht so
sein...
(Markus
10,42f)
Die Erwählung der Zwölf als Erinnerung an die grosse
Vergangenheit Israels eignet sich so weder für die Begründung eines wie immer
gearteten Patriarchats noch für die Begründung einer wie immer gestalteten
Hierarchie. Im Gegenteil: Alle sind
zu Priesterinnen und Königen bestimmt. Das Neue Testament scheut sich nicht,
wiederholt auf diesem Zuspruch zu insistieren, der ausnahmslos allen
Christus-Gläubigen gilt:
Ihr
seid ein auserwähltes Geschlecht, eine königliche Priesterschaft, ein heiliger
Stamm, ein Volk, das Gottes besonderes Eigentum wurde... (1.
Petrusbrief 2,9; Offenbarung 1,6)
Was Kirche Jesu Christi sein will, hat sich auch an
diesem Zuspruch zu messen.
Nur schade,
dass man(n) davon nicht so gern spricht.
Hermann-Josef Venetz
Aucun commentaire:
Enregistrer un commentaire