Der
Bote Gottes verkündete den Hirten die Geburt des Retters und
Herrn – so steht es im Lukasevangelium. Dort steht auch,
dass plötzlich eine Menge himmlischer Heerscharen rief:
Herrlichkeit Gott in den Höhen, und auf Erden Friede den Menschen
seiner Huld (2,10-14).
In
unseren Kirchen wird diese Stelle mit Vorliebe an Weihnachten
vorgetragen, an jenem Fest also, das wie kein anderes das Gemüt und
die Innerlichkeit der Menschen anspricht. So konnte sich die
politische Brisanz dieser Botschaft nie so recht durchsetzen. Brisant
und gefährlich war und ist diese Botschaft, weil sie die Geburt Jesu
in einen offensichtlichen Zusammenhang brachte mit dem damaligen
römischen Kaiser Octavian Augustus. Dieser legte sich als erster die
Titel Retter und Herr zu. Die Konsolidierung der
Weltmacht Rom vollzog sich unter dem pathetischen Slogan der Pax
Augustana, des Augustäischen oder Römischen Friedens.
Wenn
nun der Bote Gottes die Titel Retter und Herr, die der
römische Kaiser für sich in Anspruch nahm, in einem exklusiven Sinn
auf das neugeborene Kind übertrug, und wenn die himmlische Heerschar
die Pax, den Frieden, in einem ausschliesslichen Sinn
den Menschen göttlicher Huld vorbehalten sein liess, war
damit unüberhörbar eine politische Kampfansage gegeben. Christinnen
und Christen sind bis heute vor die Entscheidung gestellt, für
welche Art von Frieden sie optieren wollen: für den Kaiserfrieden,
der sich durch militärische Gewalt, politische Überlegenheit,
wirtschaftliche Unterdrückung, Reichtum und Luxus auszeichnet, oder
für jenen Frieden, der Hand in Hand geht mit, Gerechtigkeit,
Solidarität, Gespräch, Entschuldung, Versöhnung.
Die
tiefe Sehnsucht nach Frieden auf Erden wird sich solange nicht
erfüllen können, als Menschen Frieden mit Herrschaft,
Überlegenheit, Eigennutz und Wirtschaftswachstum verwechseln. Friede
kann nicht aus Überlegenheit heraus verordnet, kann nicht diktiert
werden – das Beispiel Griechenland zeigt das heute aufs Neue. Der
Friede, von dem der Bote spricht, lädt dazu ein, alle Menschen am
Wohlstand teilnehmen zu lassen, die Güter dieser Erde gerecht zu
verteilen, den Fremden in Offenheit zu begegnen, den Schwachen
behutsam aufzuhelfen, die Kleinen zur Geltung zu bringen, die Würde
aller Menschen anzuerkennen, die Ausgegrenzten hereinzuholen,
sorgfältig mit der Schöpfung umzugehen…
Dieser
Friede wird uns zugemutet. Er ist für uns nicht machbar – das sei
zugegeben. Aber was, wenn wir ihn als Geschenk Gottes annehmen, als
wesentlichen Teil seines Schöpfungsplanes?
Für
die Verwirklichung dieses Planes benötigt Gott Mit-Liebende.
Hermann-Josef
Venetz
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