Licht
und Brot
Eberhard
Münch
Während
die anderen Evangelien davon berichten, dass im Zentrum der Botschaft
Jesu das Reich Gottes steht, spricht Jesus im
Johannesevangelium hauptsächlich von sich selbst. Nirgends sonst
finden wir so viele Ich-bin-Worte, wie im Johannesevangelium: Ich
bin das Brot des Lebens, ich bin das Licht der Welt, ich
bin der Gute Hirt, ich bin die Auferstehung, ich bin
der wahre Weinstock, ich bin der Weg, die Wahrheit und das
Leben. Mit solchen Aussagen brachten die Christinnen und
Christen, die hinter dem Johannesevangelium standen, ihren Glauben an
den Messias Jesus zum Ausdruck.
Ist
es aber wirklich so, dass sich Jesus mit diesen Aussagen ins Zentrum
stellen wollte, gewissermassen an die Stelle Gottes? Sehen wir die
eine oder andere dieser Aussagen etwas näher an.
• Ich
bin das Licht der Welt. Wenn wir in
einem dunklen Raum sind, zünden wir das Licht an, nicht um ins Licht
zu starren; es würde uns ja nur blenden. Wir zünden das Licht an,
damit wir die Leute und die Gegenstände um uns herum besser sehen
können.
• Ich
bin das Brot des Lebens. Das Brot ist
uns nicht gegeben, dass wir es aufbewahren oder ausstellen, sondern
dass wir davon essen, es teilen und dafür sorgen, dass alle zu leben
haben.
• Ich
bin der Weg. Der Weg ist nicht da,
damit wir darauf stehen bleiben und ihn gar bewundern, sondern dass
wir darauf weitergehen, um dem Nächsten, besonders dem Leidenden und
Fremden entgegen zu gehen.
Mit
all diesen Ich-bin-Aussagen stellt Jesus nicht sich selbst in den
Mittelpunkt. Er bietet sich als Hilfe an, damit wir die Not unserer
Mitmenschen besser sehen und ihnen selbst zum Licht, zum Brot und zum
Weg werden.
Im
gleichen Johannesevangelium sagt Jesus von sich selbst: Ich bin
gekommen, damit ihr Leben habt, Leben in Fülle (Johannes 10,10).
Und von dieser Fülle sollen all unsere Mitmenschen etwas
mitbekommen. Auch und gerade durch uns.
Hermann-Josef
Venetz
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