Gott ist im Himmel – so heisst es im
Vaterunser. Das meint vor allen Dingen, dass Menschen über ihn nicht
verfügen können und auch nicht verfügen wollen. Sie wollen Gott
Gott sein lassen. Sie wollen dem, der seinen Namen nicht preisgibt,
sondern von sich sagt: Ich bin der Ich-bin-da (Exodus 3,14),
das Geheimnis nicht entreissen. Sie wollen ihm die Freiheit lassen,
so zu sein, wie er ist und so mit-zu-sein, wie er es für gut
und richtig findet. Menschen fahren besser, wenn sie Gott so sein
lassen, wie er ist und ihm nicht immer Vorschriften machen, wie er zu
sein habe. Aus der Lektüre der Heiligen Schriften wird immer wieder
deutlich: Gott ist sehr auf seine Freiheit bedacht; denn jede
Einschränkung seiner Freiheit geht auf Kosten des Lebens der
Menschen.
Gott ist auch auf die Freiheit der Menschen bedacht,
weil ihm an der Beziehung zu den Menschen alles liegt. Beziehung,
Liebe kann es ja nur geben, wo Freiheit ist. In diesem Sinn sind auch
die Weisungen zu verstehen, die Gott den Menschen gegeben hat: sie
sind Garantinnen für ein freies und gelungenes Leben.
Dadurch, dass Menschen zu Gott Vater unser
oder auch Mutter unser sagen, werden sie über alle Grenzen
und Schranken hinweg zu einer einzigen und einzigartigen Familie
zusammengeführt – und Familie besteht ja aus Beziehungen.
Menschen, die zu Gott Vater unser oder auch Mutter unser
sagen, sind im Innersten und im Tiefsten geschwisterlich. In ihnen
lebt die Kraft der Freiheit und der Solidarität mit allen Menschen –
auch mit Gott.
Hermann-Josef Venetz
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