Den
Konflikt gibt es schon im Neuen Testament. Im Namen des Bekenntnisses
werden Leute, die nicht zum Bekenntnis stehen, aus der Gemeinschaft
ausgeschlossen. Zur Gemeinde gehören nur diejenigen, die dem
Bekenntnis zustimmen; wer dem Bekenntnis nicht zustimmen will oder
kann, soll die Konsequenzen ziehen und die Gemeinschaft verlassen.
Das ist logisch; dagegen ist nichts einzuwenden. Wer nicht bereit
ist, sich zum Messias Jesus zu bekennen, soll sich auch nicht
Christ oder Christin nennen. Das Bekenntnis hat so immer auch
ausgrenzenden Charakter.
So
»logisch« dieser Sachverhalt auch ist, er birgt ein schmerzhaftes
Paradox in sich, sobald es sich um die christliche Gemeinschaft
handelt. Das Bekenntnis
bekennt doch jenen Messias Jesus, der gerade niemand von seiner Liebe
ausschliessen will; das Verhalten Jesu und unzählige seiner
Gleichnisse machen das deutlich. Andererseits laufen diejenigen, die
allein auf die Liebe
setzen, Gefahr, jenen konkreten Jesus von Nazaret zu vergessen, der
die Gemeinschaft zusammenhält.
Wahrscheinlich
ist dieses Paradox oder diese Spannung gar nicht aufzuheben – weder
durch eine grössere Liebe noch durch ein »verschärftes«
Bekenntnis. Vielleicht ist das ein Hinweis dafür, dass wir
christliche Gemeinschaft d.h. Kirche nicht einfach »machen« können.
Gott ist immer grösser als das Bekenntnis, grösser auch als die
menschliche Liebe und grösser auch als jede christliche Gemeinde.
Vor
die Alternative gestellt (die vielleicht gar keine ist), ob ich dem
Bekenntnis oder der Liebe den Vorzug geben würde, möge man mir
verzeihen, wenn ich eher der Liebe zuneige. Im Namen des
»Bekenntnisses« ist nach meinem Geschmack im Laufe der Jahrhunderte
und Jahrtausende zu viel Blut geflossen (Religionskriege, Kreuzzüge,
Inquisition, Hexenverbrennungen), sind Leute allzu sehr malträtiert
worden (Redeverbote, Publikationsverbote, Exkommunikationen, geistige
Vergewaltigungen, Zwangsbekehrungen).
Hie und da bin ich versucht,
mich zu fragen, ob Jesus nicht auf das Bekenntnis verzichten würde,
wenn dadurch mehr Menschen am Leben blieben...
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Hermann-Josef
Venetz
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