Am
23. August 1990 hat die Welt seit Jahrzehnten wieder einmal zur Einheit
gefunden: Einmütig, mit nur zwei Enthaltungen hat der UNO-Sicherheitsrat eine
Entschliessung verabschiedet, nach der für die Durchsetzung der Blockade gegen
den Irak auch Gewalt angewendet werden dürfe. Schon Wochen zuvor haben die USA,
dann auch Grossbritannien, Frankreich und andere Staaten bedeutende Kontingente
im Umkreis Iraks zusammengezogen: Kriegsschiffe, Flugzeugträger, atombestückte
Raketen, Zehntausende von Soldaten... Die »freie«Welt – auch die »christliche«
– klatschte in die Hände.
An
Radio und Fernsehen haben wir das alles verfolgt, und wir waren froh zu hören,
dass keines der Mitglieder des UNO-Sicherheitsrates dem amerikanischen
Vorschlag einen Strich durch die Rechnung machte. Der Staat, der sich gegen
eine gewaltsame Blockade zur Wehr gesetzt hätte, wäre mindestens als
»unsolidarisch« wenn nicht gar als »hinterhältig« hingestellt worden. – Dabei
haben wir vergessen, dass wir mit der Zustimmung zur gewaltsamen Blockade
wenigstens indirekt auch tausendfachem Töten zugestimmt haben.
Ich
bin weder Diplomat noch Militärwissenschaftler noch Friedensexperte. Und
vielleicht ist es wirklich so, dass dem zweifellos »verrückten« Treiben des
irakischen Präsidenten nur mit Waffengewalt Einhalt geboten werden konnte. Für
uns Christen und Christinnen darf das aber nicht der Weisheit letzter Schluss
sein. Was immer Wirtschaftsexperten, Politiker und Strategen als »unumgänglich«
und »einzig möglich« und »alternativlos« hinstellen: Christinnen und Christen
werden sich ihre Vision der Gewaltlosigkeit und des weltumfassenden Friedens
unter keinen Umständen nehmen lassen. Ihr Glauben und ihr Hoffen bezieht sich
ganz wesentlich auch auf dieses Unaufgebbare: im Reich Gottes, das im Messias
Jesus bereits angebrochen ist und das in unserem Alltag immer mehr Fuss fassen
soll und um dessen endgültiges Kommen wir jeden Tag im Vaterunser beten, darf
Gewaltausübung nie ein Mittel politischer Konfliktlösung sein. Jede
Gewaltanwendung ist Scheitern an unserer Hoffnung.
Die
christliche Tradition nennt das Sünde.
Hermann-Josef Venetz
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