Maximino Cerezo Barredo
EIN
BLICK AUF DIE ANFÄNGE DER KIRCHE (1)
Es
begann mit Jesus von Nazaret
Mit
Jesus hat tatsächlich das angefangen, was wir heute Kirche nennen.
Das heisst nicht, dass er eine Kirche gegründet hätte. Er
verkündete und lebte das Reich Gottes. Er rief eine Bewegung
ins Leben, eine Gruppe von Frauen und Männern, die wie er allen
geordneten Verhältnissen den Abschied gaben, ihm nachfolgten und
sich dabei auf nichts anderes stützten als auf den Vater im Himmel.
Aussteiger
und Ortsansässige. Woher
diese bunte Gruppe den Mut und die Kraft nahm zu einer so radikalen
Existenzweise? Sie waren angetan von diesem Jesus von Nazaret. In
seiner Gemeinschaft erfuhren sie das Kommen Gottes. Was sie besonders
überzeugte: Jesus teilte mit ihnen sein Charisma und seinen Auftrag.
Wie er sollten sie das Kommen Gottes aufdecken, und zwar konkret: Sie
heilten Kranke und befreiten Besessene und nahmen sich der
Vernachlässigten an (vgl. Lukas 9,1-6; 10,1-12).
Wenn
diese Jüngerinnen und Jünger nach dem Vorbild ihres Meisters auch
nichts hatten, worauf sie ihre Häupter legen konnten (Matthäus
8,20), so fanden sie doch immer wieder Aufnahme bei Leuten, die ihnen
wohlgesinnt waren: bei der Schwiegermutter des Simon (Markus 1,29),
bei Maria und Marta (Lukas 10,38-42), bei Simon, dem Aussätzigen
(Markus 14,3ff). Solch sympathisierende Familien und Gruppen dürften
der Kern späterer Ortsgemeinden gewesen sein.
Verschiedene
Formen der Nachfolge. Notwendigerweise
musste hier Nachfolge
eine ganz andere Gestalt annehmen. Eine andere, aber nicht eine
mindere oder unverbindlichere. Leute, die in der Familie, im Dorf, in
Vereinen, in der Synagoge Verantwortung tragen und dabei das Anliegen
Jesu zur Geltung bringen wollten, bekamen die Spannung zu dieser
Welt
womöglich noch stärker zu spüren als jene, die es sich leisten
konnten auszusteigen.
Dass
so verschiedene Formen der Nachfolge nebeneinander existieren
konnten, kam daher, dass sich alle auf den gleichen Jesus von Nazaret
beriefen, auf den gekreuzigten und auferweckten Messias. Von ihm
wussten sie sich berufen, und seine Sache wollten sie zur ihren
machen. Dass es dabei von Anfang an zu Spannungen und Konflikten kam,
wissen wir aus den Evangelien (vgl. u.a. Markus 9,33-34; 10,41).
Sicher ist, dass die Jesusbewegung – die wandernden Predigergruppen
wie die Ortsansässigen – in Jesus Christus ihr Vorbild hatte, ihr
Modell und ihre Verheissung. Glauben und Praxis bildeten ein
unauflösliches Ganzes.
In
Jesu Geist. Was
wir aus all dem für unser Kirchesein folgern können? Die
Organisation der Jesusbewegung lässt sich nicht einfach so auf
unsere Zeit übertragen. Hätte Jesus seinen Jüngerinnen und Jüngern
ein bezugsbereites Haus hinterlassen, in dem alles und jedes schön
geordnet gewesen wäre, hätte die junge – und auch die
älterwerdende – Kirche nicht so manche Zerreissprobe bestehen
müssen und hätte es im Laufe der Zeit nicht so manche Panne
gegeben. Jesus hat uns nicht eine festgefügte Kirchenordnung
hinterlassen, sondern seinen Geist, der uns zu weit mehr befähigt
als zur Einhaltung noch so vieler und gut gemeinter Gemeinderegeln.
Hermann-Josef
Venetz
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