Wecke
mich…
Wenn
man längere Zeit im Dienst jemandes oder im Dienst einer Sache
steht, kann es vorkommen, dass sich Routine einstellt, dass man das
Interesse verliert, dass alles nichtssagend und langweilig wird, dass
man ermüdet. Diesen Sachverhalt berücksichtigt das
Heilig-Geist-Lied, das mit der Einladung beginnt
Nimm
du mich, heiliger Atem…
Die
dritte Strophe lautet nämlich so:
Wecke
mich, heiliger Atem,
mach
du mich neu bereit,
in
den Dienst zu treten gegen die Traurigkeit.
Der
heilige Atem möge mich wecken, aufrütteln, animieren, entflammen;
er soll mir das Reizvolle und Verführerische des Auftrages neu vor
Augen führen und mich so neu bereit machen, in den Dienst zu treten.
Was
mich bei diesem Dienst überrascht: Vor mehr als 50 Jahren bin
ich in Sitten zum Priester geweiht worden. Dabei habe ich mich zum
Dienst für zur Verfügung gestellt, zum Dienst für
eine Gemeinde, zum Dienst für Menschen, die weder ein noch
aus wissen. Ich verstand meinen Dienst immer als Dienst für.
Im Lied ist nun aber die Rede vom Dienst gegen: Dienst gegen die
Traurigkeit.
Damit
ist sicher nicht gemeint, dass ich als Spassvogel oder als Clown
durch die Gegend ziehe, dass ich immer guter Laune bin und für jedes
Problem eine lustige Antwort auf der Zunge habe. Dem weitverbreiteten
Hunger, dem Terror, den Flüchtlingsströmen, dem Scheitern, der
allgemeinen Depression, die um sich greift… mit einem Wort: der
Welt-Traurigkeit ist mit billigen Sprüchen nicht beizukommen.
Es geht vielmehr um das vorbehaltlose Sich-hineinnehmen-Lassen in die
Weltleidenschaft dessen, der die Welt, wie sie ist, leidenschaftlich
liebt und sie so immer wieder zum Leben und zur Freude wecken will.
Hermann-Josef
Venetz
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