Glasmalerei
von Jacques Düblin In den letzten Jahren wird nicht nur im Geburts-
und Wohnhaus, sondern bei den Gottesdiensten und Andachten im Ranft
Ein
Gebet zum Nachdenken
Nach
der Überlieferung soll Niklaus von Flüe folgende Verse täglich
gebetet haben:
Mein
Herr und mein Gott,
nimm
alles mir, was
mich hindert zu dir.
Mein
Herr und mein Gott,
gib
alles mir, was
mich führet zu dir.
Mein
Herr und mein Gott,
nimm
mich mir und
gib mich ganz zu eigen dir.
Viele
Menschen haben bei diesem Gebet ein ungutes Gefühl. Gibt man denn
Gott so nicht eine Art Blankovollmacht? Nimm alles von mir…, gib
alles mir… Das könnte doch einmal ins Auge gehen.
Nun,
ich meine, dass das zum Risiko des Glaubens und des Betens gehört.
Die Frage ist die, ob wir Gott zutrauen, dass er wirklich nur das
Beste von uns und für uns will.
Mein
Problem liegt anderswo. Ich empfinde dieses Gebet zu aufwühlend –
wenn es denn überhaupt ein Gebet ist.
Nimm
alles von mir, was mich hindert zu dir.
Bin
ich so sicher, dass Gott mir nehmen will, was ich ihm nicht
freiwillig gebe?
Und
was ich ihm freiwillig gebe, bin ich denn so sicher, dass er das auch
will?
Gib
alles mir, was mich führet zu dir.
Bin
ich so sicher, dass Gott mir gibt oder gar aufdrängt, was ich
vielleicht gar nicht möchte?
Und
wenn ich das entgegennehme, was er mir geben möchte, soll es mich
dann wirklich ganz zu ihm führen?
Nimm
mich mir und gib mich ganz zu eigen dir.
Bin
ich so sicher, dass Gott mich mir nehmen und so gewissermassen in
Besitz nehmen will?
Und
wenn ich mich ihm gebe, sollte es dann nicht mein grösster Wunsch
sein, dass ich ich bleibe und Gott Gott bleibt?
Das
Gebet von Bruder Klaus ist vielleicht weniger ein Gebet als eine
Einladung zum andauernden tiefen Zwiegespräch.
Hermann-Josef
Venetz
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