Es
wird erzählt:
Rabbi
Baruchs Enkel, der Junge Jechiel, spielte einst mit einem anderen
Jungen Versteckis. Er verbarg sich gut und wartete, dass ihn sein
Gefährte suche. Als er lange gewartet hatte, kam er aus dem Versteck
hervor; aber der andere war nirgends zu sehen. Nun merkte Jechiel,
dass jener ihn von Anfang an nicht gesucht hatte. Darüber war
Jechiel sehr traurig. Weinend kam er in die Stube seines Grossvaters
gelaufen und beklagte sich über den bösen Spielgenossen. Da flossen
Rabbi Baruch die Augen über, und er sagte: So spricht auch Gott:
‚Ich verberge mich, aber keiner will mich suchen’.
Die
Adventszeit zeigt es wieder einmal mehr: Wir sind Spielverderber.
Statt uns auf die Suche zu machen, rennen wir davon. Aufgeregt und
angespannt durchblättern wir die Versandkataloge, durchstöbern wir
die Kaufhäuser, vergleichen wir die Preise und geben Bestellungen
auf. Gefesselt von unserer Hektik vergessen wir das ‚Spiel’, das,
worum es eigentlich geht. Eine tiefe Trauer liegt über unserer
Adventszeit, die Klage Gottes: ‚Keiner will mich suchen.’
Was
es zu finden gäbe? Gewiss mit Stereo-Anlagen, elektrischen
Eisenbahnen, Pelzmänteln und Reisen in die Karibik kann es nicht
konkurrieren. Ein Kind, in Windeln gewickelt, in einem Futtertrog
liegend, schwach, sprachlos, unbeachtet. Es gibt weltweit täglich
Zehntausende, die schlimmer dran sind. Sie müssen sterben, weil wir
das "Spiel" nicht mitmachen wollen. Wir haben Gescheiteres
zu tun, als uns um Bagatellen zu kümmern.
Bagatellen
?
Zur Bagatelle ist ER in der Tat geworden, mehr noch: zum letzten
Dreck. Ein Sklave, der den Sklaventod stirbt. Kein Anblick, dass
wir sein begehrten, wie der Prophet sagt (Jes 53,2).
Wiederzuerkennen in den Millionen Gefolterter und Hungernder.
Wir
werden munter Adventslieder singen und Weihnachten feiern; so können
wir Gottes Klage geschickt übertönen: „Ich verberge mich, aber
keiner will mich suchen.“
Hermann-Josef
Venetz
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