Diese Aussage
steht in einem Gedicht von Rainer Maria Rilke, einer Art Gebet, das
mit diesen Worten beginnt:
„Alle,
welche Dich suchen, versuchen Dich...“
Zu diesen
Versuchungen, gehört eben auch diese, von Gott Wunder zu erwarten
oder gar zu erbeten. Das Schlimme daran ist, dass wir dann Gott an
diesen Wundern festmachen. Gott als Wunderwirker. Gott als der
Allmächtige. Eine weit verbreitete Vorstellung. Die Vorstellung,
dass Gott „über“ allem steht und zu jeder Zeit in die Geschicke
der Welt und in Gesetze der Natur und in unser Leben eingreifen kann.
Sind wir denn so sicher, dass Gott der Allmächtige sein will?
Rilkes Gedicht
geht so weiter:
„...Und
die, so Dich finden,
Binden Dich an
Bild und Gebärde.“
Das ist seit
jeher die Art der Menschen – auch und gerade der Gott suchenden
Menschen – Gott zu versuchen: dass sie sich von ihm ein Bild
machen, dem er – bitteschön – entsprechen soll. Dass sie ihn an
Wunder binden, die er auf ihre Bitte hin zu wirken hat. Dass sie ihn
unter Kontrolle haben wollen und ihn in Tempeln und Kirchen
einsperren. Dass er in allem der Stärkere, der Überlegene sein
muss. Mit einer solchen Erwartungshaltung setzen wir Gott unter
Druck. Ähnlich wie wir mit unseren Erwartungen unsere Mitmenschen
und uns selbst unter Druck setzen.
Rilkes Gedicht
geht so weiter:
„Ich
will von Dir keine Eitelkeit, die Dich beweist.“
Wir wissen aus
eigener Erfahrung, dass es nie gut herauskommt, wenn wir meinen, uns
beweisen oder jemandem imponieren zu müssen. Bei Gott ist es ebenso:
Er soll sich durch nichts beweisen. Er soll nicht imponieren. Er soll
Er sein. Er soll sich uns gegenüber nicht anders geben als er ist.
Im Grunde
genommen ist das die erste und so wohl auch die wichtigste Bitte des
Vaterunsers: Dein Name werde geheiligt. Du mögest Du sein und Du
bleiben. Und nicht der, den wir uns wünschen oder uns vorstellen.
Hermann-Josef
Venetz
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