Licht in der Nacht
Mit Licht verbinden wir normalerweise
etwas Positives: Leben, Freude, Leichtigkeit. Mit Nacht verbinden wir
Dunkelheit, Finsternis, Trauer und Tod. Die ersten Zeilen der Bibel
sagen uns, dass am Anfang, als Gott Himmel und Erde erschuf,
Finsternis über der Urflut lag. Und dann heisst es: »Gott sprach:
Es werde Licht. Und es ward Licht.« Und weiter: »Gott sah, daß das
Licht gut war.« (Gen 1,1-4) Von der Finsternis heisst es das nicht;
sie wurde auch nicht von Gott erschaffen.
Meine Beobachtungen zum Thema »Nacht in
der Bibel« sind gewiss sehr unvollständig, und doch habe ich
Erstaunliches gefunden.
So erscheint und wirkt und spricht
Gott oft in der Nacht. In der Nacht kommt Gott zu Isaak um ihn zu
segnen und ihm zahlreiche Nachkommenschaft zu verheissen (Gen 26,24).
In der Nacht ergeht das Wort Gottes auch an
den Propheten Natan (2 Sam 7,4). In der Nacht hat Daniel die Vision
von der lichten Gestalt des Menschensohns (Dan 7). In der Nacht
öffnet der Bote Gottes die Gefängnistore und befreit die Apostel
(Apg 5,19).Es gilt aber auch dies: Die Nacht ist die privilegierte Zeit des Gebetes: Der Psalmist singt und fleht nachts zum Gott seines Lebens. Jesus verbringt vor der Auswahl der Zwölf die ganze Nacht im Gebet zu Gott (Lk 6,12). Und in der Nacht, als Paulus und Silas in Philippi im Gefängnis sitzen, beten sie zu Gott und singen Loblieder (Apg 16,25).
Was wir diesen wenigen Beispielen
entnehmen können? Für Gott sind auch unsere Nächte und unsere
Finsternisse nicht zu dunkel; ja »sie werden leuchten wie der Tag«,
heisst es in einem anderen Psalm (139,12), d.h. Gott wird uns auch in
unserem schwersten Leid hören und uns beistehen. Darum kann der
Beter auch sagen: »Muss ich auch wandern in finsterer Schlucht, ich
fürchte kein Unheil« (23,4). Und andernorts: »Mein Gott
macht meine Finsternis hell« (18,29).
Hermann-Josef Venetz
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