Kann
man Gott lieben?
Die
Frage die sich mir heute stellt ist die, ob wir diese Redeweise auch
auf unsere Zwiesprache mit Gott übertragen können. Ich zweifle
keinen Augenblick daran, dass mir Gott gut will, wenn ich auch selbst
herausfinden muss, was das konkret bedeutet: dass er mich nicht im
Stich lässt, wenn ich in einer misslichen Lage bin; dass er an mir
festhält, auch wenn ich jemandem weg getan habe; dass er mir
beisteht, wenn mich Angst befällt; dass er bei mir ist, wenn ich
einem Fremden aus der Patsche helfe; dass er mich tröstet, wenn ich
verletzt oder beleidigt bin. »Ti voglio bene« – ist das nicht
eigentlich sein Name, wie er ihn dem Mose am brennenden Dornbusch
kundgetan hat: »Ich bin der Ich-bin-Da, der, der mit dir geht, der
dich nicht im Stich lässt«?
Hören
wir mal in die Stille hinein, und wir werden seine Stimme vernehmen:
»Ich bin für dich da. Ich lasse dich nicht. Ich bin mit dir. Ti
voglio bene«.
Geht
es nicht auch umgekehrt? Wir haben Mühe, Gott zu sagen, dass wir ihn
lieben, weil das so phrasenhaft, so unverbindlich und darum auch so
nichts sagend klingt; »lieben« kann ja alles Mögliche – oder
auch nichts – bedeuten. Wenn ich Gott sage »ich will dir gut«,
dann biete ich ihm meine Hilfe an, damit sein Werk gelingt. Dabei
denke ich an seine Schöpfung, an unsere Mitwelt. Vor allem kommen
dann all die Menschen in der Blick, die zu Gottes Leidwesen zu kurz
kommen, die von uns zurückgewiesen werden und Hunger leiden, die
aber ihm besonders am Herzen liegen. Der ganzen Welt und ihren
Menschen will Gott gut sein – durch unsere Mithilfe. Wie denn
sonst?
Wenn
wir Gott sagen »ti voglio bene« schwingen wir uns ein in sein
eigenes Gutsein und Erbarmen, wie wir es selbst in unserem Leben
immer wieder erfahren.
Hermann-Josef
Venetz
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