Grenzen
bieten Sicherheit. Wo Grenzen fallen, werden Menschen verunsichert. Es gibt
Leute, für die ist Sicherheit wichtigstes Bedürfnis und wichtigste
Voraussetzung für ein friedliches Zusammenleben der Bürgerinnen und Bürger. Für
die meisten Menschen gehen „Friede und
Sicherheit“ zusammen und stehen zuoberst der Prioritätenliste.
Es geht
dabei nicht nur um staatliche Grenzen. Es gibt auch Grenzen im Umgang
miteinander, kulturelle, religiöse und konfessionelle Grenzziehungen. Wer
solche Grenzen verwischt, verunsichert die Menschen und wird von der
Gesellschaft abgelehnt.
Von Jesus
von Nazaret lässt sich (fast) nur Gutes sagen. Er setzte sich für die Armen
ein, heilte Kranke, befreite Menschen von verschiedenen Besessenheiten. Dagegen
war und ist nichts einzuwenden, weder von der römischen Besatzungsmacht noch
von den Frommen damals und heute. Was Jesus zum Verhängnis wurde, waren seine
Grenzüberschreitungen: dass er mit dem Zöllner Levi und anderen schlechtbeleumdeten
Menschen ass und trank; dass er die stadtbekannte Frau gewähren liess, die ihm
die Füsse wusch, mit ihrem offenen Haar trocknete und dann erst noch küsste;
dass er sich mit dem heidnischen Hauptmann auf den Weg machte, um dessen Sohn
zu heilen; dass er die Ehebrecherin nicht der „gerechten Strafe“ der Steinigung
zuführte.
Und dann
sprach er erst noch von einem Gott, „der die Sonne aufgehen lässt über Böse und
Gute und regnen lässt über Gerechte und Ungerechte“ (Matthäus 5,45). Er
verwischt so die Grenze zwischen bös und gut, zwischen gerecht und ungerecht.
Der Gott
Jesu ist nicht ein Grenzzieher. Ihm geht es nicht darum, die Guten zu belohnen
und die Bösen zu bestrafen; ihm geht es um die Versöhnung. Das hat mit
Beliebigkeit nichts zu tun, sehr viel aber mit der entgrenzten, entfesselten
Liebe.
Hermann-Josef Venetz
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