Selbstverleugnung?
Jesus
rief die Volksmenge und seine Jünger und Jüngerinnen zu sich
und sagte: Wer mir nachfolgen will, verleugne sich selbst, nehme sein
Kreuz auf sich und folge mir nach. Denn wer sein Leben retten will,
wird es verlieren; wer aber sein Leben um meinetwillen und um des
Evangeliums willen verliert, wird es retten. Denn was nützt es dem
Menschen, die ganze Welt zu gewinnen, dafür aber sein Leben
einzubüßen? (Markus
8,34 –35)
Sich
selbst verleugnen? Blicken wir auf Jesus, ging es ihm doch
darum, Menschen zu befreien, sie zu sich selbst zu bringen, ihnen
ihren Namen und ihre Geschichte zurückzugeben. Das Selbst, das
diejenigen, die Jesus nachfolgen, verleugnen sollen, ist jenes
Selbst, das im Grunde sich selbst entfremdet ist, unfrei, ja
besessen – sei es von den eigenen ehrgeizigen Plänen und
Ambitionen, sei es vom eigenen Karrieredenken auf dem Rücken
anderer, sei es vom Besitz, der auf Kosten der Armen angehäuft
wird. Von diesem falschen Selbst sollen sich Jesu Jüngerinnen
und Jünger verabschieden. Dann werden sie wahrhaft frei.
Auch
das tägliche Kreuztragen sollte keinen selbstquälerischen
Beigeschmack haben. Zum besseren Verständnis sollten wir Kreuztragen
und Nachfolge miteinander verbinden. Jesus nachfolgen bedeutet, das
Anliegen Jesu teilen, sein Anliegen zum eigenen machen. Menschen wie
Jesus, Menschen, die so leben wie er, Gerechte, wie man sie
auch nennt, werden ihre Umgebung immer verunsichern und
herausfordern, sei es religiös oder gesellschaftlich oder politisch
– was dann eben entsprechende Folgen nach sich ziehen kann. Die
sehr hart klingenden Forderungen Jesu sind im Grunde genommen
Einladungen zu größerer Freiheit, zu jener Freiheit, wie Jesus sie
gelebt hat.
Hermann-Josef Venetz
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