Es gibt recht unterschiedliche Krippen, aber im grossen und ganzen erinnern sie an das, was wir in den Evangelien lesen: an die heilige Familie, an ganze Scharen von Engeln, an Hirten mit ihren Schafen, an die drei Könige…. (Lukas 2,1-20; Matthäus 2,1-12) Aber dann finden wir fast bei jeder Krippe etwas, wovon in den Evangelien überhaupt nicht die Rede ist: den Ochs und den Esel. Und ich bin sehr beruhigt, wenn sie da sind.
Ich
habe auch eine Erklärung, weswegen das so ist. Weihnachten ist ja
das Fest der Liebe und des Friedens. Und an Weihnachten möchten wir
besonders liebevoll und besonders friedlich miteinander umgehen. Und
ausgerechnet an Weihnachten gelingt uns das nicht – gerade weil wir
es so gut machen wollen. Wir ärgern uns dann über uns selbst –
auch nicht gerade die beste Voraussetzung, um Mitmenschen liebevoll
zu begegnen.
Dann
kann es hilfreich und tröstend sein, zur Krippe zu gehen. Vielleicht
ist es nicht immer so leicht, sich in diesen Gestalten
wiederzufinden. Die Heilige Familie ist schon gar weit entfernt von
uns. Die Hirten sind zwar drollig und die Engel ab und zu auch, aber
messen möchten wir uns mit ihnen nicht. Auch die heiligen drei
Könige sind für uns eine Schuhnummer zu gross. Und da bin ich eben
froh um den Ochs und den Esel. Die sind nun wirklich nichts
Besonderes und sie brauchen auch nichts Besonderes zu sagen. In ihnen
kann ich mich am ehesten wieder erkennen. Ich bin ja auch nichts
Besonderes, und etwas Besonderes habe auch ich nicht zu sagen. Aber
wenn Ochs und Esel an der Krippe Platz haben, so denke ich mir, dann
hab ich sicher auch Platz.
Zwar
ist in den Evangelien vom Ochs und Esel nicht die Rede. Aber ganz
zufällig sind sie nicht da. Wenn von der Krippe die Rede ist,
erinnere ich mich unwillkürlich an den Propheten Jesaja, dessen Buch
mit einem Wort von der Krippe beginnt. Da heisst es:
Söhne
habe ich aufgezogen und gross gemacht; sie aber sind mir untreu
geworden. Der Ochs kennt seinen Besitzer und der Esel die Krippe des
Herrn. Mein Volk aber hat keine Einsicht.
Zu
dem Volk, von dem hier die Rede ist, gehöre auch ich. In der Tat bin
ich oft noch uneinsichtiger als ein Ochs und störrischer als ein
Esel. Aber wenn der Ochs und der Esel bei der Krippe sind, habe doch
auch ich eine Chance.
Vielleicht
ist das die Weihnachtsbotschaft, und vielleicht ist das der Grund,
weswegen wir an Weihnachten einander beglückwünschen: Gott ist
Mensch geworden, und darum haben alle eine Chance. Auch der Ochs und
der Esel. Auch Du. Und – vielleicht – auch ich.
Hermann-Josef
Venetz