Zwei fast vorwurfsvolle Fragen begleiten den Übergang von der Zeit Jesu in die nachösterliche Zeit. Es sind die Boten Gottes, Engel, die diese Fragen stellen. Sie wollen von gewissen Erwartungen ablenken und auf das Wesentliche aufmerksam zu machen.
Die erste
Frage richten die Boten an die Frauen, die am Ostermorgen zum Grabe
Jesu kommen: Was sucht ihr den Lebenden unter den Toten? (Lukas
24,5)
Die zweite
Frage richten sie an Jesu Jüngerinnen und Jünger am so genannten
Himmelfahrtstag: Ihr Leute von Galiläa, was steht ihr da und
starrt zum Himmel hinauf? (Apostelgeschichte 1,11)
Ob diese
Fragen nicht auch an uns gerichtet sind? Suchen wir Jesus vielleicht
am falschen Ort? Unter den längst Verstorbenen? Gewiss ein
bedeutender Mann, aber doch einer, der vor 2000 Jahren gestorben ist
und uns in dieser sich so rasch verändernden Welt kaum noch etwas zu
sagen hat?
Oder suchen
wir Jesus im Himmel? Was soll er denn da oben? Schaut er interesselos
zu, wie die Menschen da unten sich abstrampeln?
Die Frage »Wo
ist denn Gott und sein Messias?« treibt auch gläubige Menschen um,
und zwar immer wieder.
Vor vielen
Jahren sass ich als Aushilfspriester im Beichtstuhl einer
Pfarrkirche. Ein Junge klagte sich an: »Ich habe beim Beten
nicht immer an Gott gedacht.« Da ich wusste, dass die entsprechende
Frage im Beichtspiegel zu lesen war, wollte ich wissen, wie der Junge
die Frage verstand und wollte so mit ihm ins Gespräch zu kommen. Ich
fragte ihn: »Wo meinst du denn, wo dieser Gott ist, an den du beim
Beten denken solltest?« Durch das Gitter des Beichtstuhls sah ich,
wie er mit dem Finger nach oben zeigte und dabei sagte: »Da obena«
(da oben). Aber sogleich unterbrach er sich selbst, so als ob er
merkte, dass die Antwort nicht besonders gut war: »Nei, wartet
emal.« (Nein, warten Sie mal) Dann sagte er mit überzeugend fester
Stimme: »In minem Härz.« (in meinem Herzen)
Die Frage nach
dem Wann und Wo muss auch zur Zeit Jesu in der Luft gewesen sein.
Jesus antwortet: Das Reich Gottes kommt nicht so, dass man es
berechnen kann. Man kann auch nicht sagen: Schau hier ist es oder
dort. Merkt euch: Das Reich Gottes ist mitten unter euch. (Lukas
17,20-21)
Die Antwort
Jesu und die des Jungen sind voneinander gar nicht so weit entfernt.
Vielleicht sollten wir Erwachsenen und Gescheiten – gerade jetzt an
Pfingsten – mehr auf die Jungen hören...
Hermann-Josef Venetz
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